Adolf Gründls Haus in Golling musste dieser ÖBB-Unterführung weichen.

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In Salzburg kämpften zahlreiche Bauern gegen den Bau einer 380-kV-Freileitung.

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Für den Bau einer 110-kV-Freileitung in Oberösterreich wurde der Wald eines Biobauern geschlägert.

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Herr Gründl hat keine Lebensfreude mehr. Sein Haus samt Garten im Salzburger Ort Golling, in die er viel Liebe und Zeit hineingesteckt hat, gibt es nicht mehr. Es musste einer ÖBB-Unterführung weichen. In der neuen "Schauplatz"-Folge mit dem Titel "Enteignet" – zu sehen am Donnerstag um 21.05 Uhr in ORF 2 – ist Reporterin Gudrun Kampelmüller in ganz Österreich unterwegs und dokumentiert den Kampf von Familien gegen Enteignungen. "Das Eigentum ist unverletzlich", steht in der Verfassung. Dort steht aber auch, dass Eingriffe gegen den Willen des Eigentümers dann möglich sind, wenn es das öffentliche Interesse verlangt, klärt die Sendung zu Beginn auf.

Bis zum Schluss hat sich der 87-jährige Adolf Gründl dagegen gewehrt, seinen Grund und Boden aufzugeben. Ohne Erfolg. Möglich macht das das Eisenbahn-Enteignungsgesetz. "Wenn du es nicht hergibst, dann nehmen sie es dir", sagt Herr Gründl und spricht von einem "Raubrittergesetz".

Der alte Bahnübergang war laut ÖBB zu gefährlich und verkehrsbehindernd. "Wir machen das nicht zum Spaß, haben uns mehrere Varianten angeschaut, und die, die jetzt herausgekommen ist, ist die beste. So traurig und so schrecklich das für die einzelne Person ist. Für die Gesamtheit der Bevölkerung in Golling ist es die beste Lösung", argumentiert ein Sprecher der ÖBB.

Erdkabel statt Freileitungen gefordert

In Koppl – ganz in der Nähe von Golling – werden Masten der Firma Austrian Power Grid (APG) aufgestellt, zahlreiche Grundeigentümer enteignet und über ihre Wälder und Wiesen Zwangsservitute für die Freileitungen eingeräumt. Sie forderten Erdkabel statt der monströsen Freileitungen, diese Leitungen seien nicht mehr zeitgemäß. Proteste des Vereins "Fairkabeln" haben nichts genutzt, die Mastengegner wurden sogar wegen Besitzstörung geklagt, wie sie im "Schauplatz" erzählen. Sie versperrten Forstarbeitern den Weg. Nach und nach entstehen jetzt die Masten, 2025 soll die Leitung in Betrieb gehen.

"Diese Monster beeinträchtigen das Landschaftsbild", sagt ein Aktivist von Fairkabeln. Die Bevölkerung würde diese Umwelteingriffe nicht wollen, "vor allem, wenn es etwas Besseres gibt".

In Eferding in Oberösterreich trifft ORF-Reporterin Kampelmüller Herrn Schoberleitner, die Gründe des 85-Jährigen mussten einer Umfahrungsstraße weichen. Und er sei bei der Entschädigungszahlung "über den Tisch gezogen" worden. Acht Jahre lang hat der Pensionist prozessiert und nach eigenen Angaben mehr als 400.000 Euro in Rechtsanwälte, Gutachter und Gerichte investiert. Ohne Erfolg, jetzt hat er resigniert, Geld für eine Berufung hat er nicht. Kampelmüller fragte bei Land, Gemeinde, Gutachtern nach, es sei "alles rechtens" verlaufen.

Öffentliches Interesse?

Auch in Oberösterreich im Innviertel hat sich ein Stromnetzbetreiber gegen Erdkabel entschieden, ein jahrelanger Kampf der Bewohner gegen Netz Oberösterreich, eine Trasse zu verhindern, wurde verloren, "hier schaut es aus wie in einem Schlachtfeld, jetzt ist alles kaputt", sagt ein Bauer, "unbegreiflich, dass das heutzutage gemacht wird". Die Masten der Leitung stehen in der Nähe seiner Apfelbäume, das ließe sich mit einer Biolandwirtschaft nicht mehr vereinbaren.

"Eine Freileitung, die hier gebaut wird, ist nicht öffentliches Interesse. Das öffentliche Interesse ist die ausreichende Stromversorgung." Und das könne man ohne Enteignungen mit Erdkabel machen", argumentiert ein Gegner des Projekts, der enteignet wurde. Was sagt der Netzwerkbetreiber? "Wir leben in einem Rechtsstaat", man könne sich Abweichungen von einem genehmigten Projekt genauso wenig aussuchen wie ein Grundeigentümer. Die Grundeigentümer seien eingebunden gewesen, "die entsprechenden Genehmigungen liegen vor". Warum ist ein Erdkabel nicht möglich? "Die Physik setzt hier Grenzen", lautet die Antwort.

In Golling wohnt Herr Gründl jetzt in einem kleinen Pensionszimmer, sein Hab und Gut wurde in einem Lager untergebracht. (Astrid Ebenführer, 9.3.2023)